Chronik |
Teil 4: Der Wohnsitz
Wir wissen jetzt also, dass sich der Familienname Ernst bereits seit der zweiten Hälfte des 18-ten Jahrhunderts konkret seit 1782 in Kirdorf nachweisen lässt. Dennoch ist es mir bisher nicht gelungen, ein wenig Licht in das Dunkel des ersten Jahrhundert der Kirdorfer Familiengeschichte zu bringen. Die Personen erscheinen nur unscharf, eben dunkel; wir kennen nur die Fakten aus den Kirchenbüchern. Es gibt keine mündlichen Überlieferungen, keine Anektdoten, keine Geschichten aus dieser Zeit. Ja, wir wissen nicht einmal, wo die Familien konkret gewohnt und gelebt haben. Lassen Sie uns ein wenig bei diesem letzten Punkt verweilen, der Frage: Wo haben unsere Vorfahren gelebt?
Wenn man sich als Kirdorfer mit dieser Frage beschäftigt, dann kommt man nicht an den Aufzeichnungen unseres Vermessungsamtmanns Valentin Hett vorbei. Valentin Hett selbst Kirdorfer und in der Steingasse wohnend hat in jahrzehntelanger Dienstzeit zahlreiche Fakten aus den Katasterunterlagen zum Thema Kirdorf zusammengetragen und mit seinem persönliches Wissen angereichert. Eine Kopie dieser 13 Seiten umfassenden Aufzeichnungen aus dem Jahr 1956 nebst Anlagen, sowie die Kopie einer Karte von Kirdorf (Das Ort Kirrdorff Zustand um 1826) wurden mir freundlicherweise von der Arbeitsgemeinschaft Unser Kirdorf überlassen. Die folgenden Informationen sind diesen Aufzeichnungen entnommen:
Landgraf Friedrich Josef hatte kurz vor seinem Regierungsantritt (1820) eine Neuvermessung des Homburger Landes (Landgrafschaft) angeordnet, die 1822 1828 unter Leitung des landgräflichen Forstmeisters Lotz durch den Kammer-ingenieur Stumpff und 2 weiteren Geometern stattfand. Sie hatte neben Sicherung der Grenzen vor allem eine gerechte Verteilung der Grundsteuern zum Zweck. Sie enthält demzufolge auch eine Liste der Eigentümer der bebauten Grundstücke Kirdorfs um 1826. Ich möchte mir an dieser Stelle weitere Einzelheiten ersparen - für unsere Familiengeschichte ist diese Liste aber insoweit hochinteressant, als dass in ihr der Familienname Ernst noch kein einziges mal aufgeführt ist. Daraus lässt sich schließen, dass es den beiden ersten Ernst-Generationen in Kirdorf also Georg Friedrich Ernst und auch dessen Sohn Johann Georg Ernst noch nicht vergönnt war, eigenen Grund und Boden zu besitzen. Vielleicht gelingt es mir noch, heraus-zufinden, wo und wie sie gelebt haben. Die bisher vorliegenden Aufzeichnungen und das mündlich überlieferte Wissen geben darüber nichts her. Auch bezüglich der dritten Ernst-Generation habe ich bisher nichts finden können, erst mit der vierten Generation wird das anders, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.
Das Straßenverzeichnis 1901/02
Ein weiteres wichtiges Zeitzeugnis, das wir Valentin Hett zu verdanken haben, ist die Abschrift des Straßenverzeichnisses 1901/03. Nach der Eingemeindung Kirdorfs um die Jahrhundertwende wurden die Hausbezeichnungen geändert. Die bisherigen sogenannten Baufolgenummern (fortlaufende Durchnumerierung) wurde ersetzt durch die heute übliche Bezeichnung einer Liegenschaft durch die Kombination Straße und Hausnummer. Das Verzeichnis enthält sowohl die alte, als auch die neuen Bezeichnungen. Wichtig für die Familiengeschichte wiederum ist: In diesem Straßenverzeichnis taucht der Familienname Ernst jetzt gleich an drei Stellen auf. Hier eine auszugsweise Abschrift:
Bisherige Haus-Nr. |
Hauseigentümer oder Besitzer des Bauplatzes |
Stand oder Gewerbe |
Neue
|
Friedberger
Straße rechte Seite |
|||
1 |
Ernst, Andreas |
Fabrikarbeiter |
12 |
3 |
Henzel, August |
Postbote |
14 |
Fußgasse rechte Seite |
|||
70 |
Ernst, Adam |
Maurer |
16 |
Döllesweg |
|||
ohne |
Ernst, Adam |
- |
16 |
Aus mündlicher Überlieferung wissen wir, dass mein Elternhaus und damit das Elternhaus meiner Brüder Klaus und Thomas in der Friedberger Straße 12 von unserem Urgroßvater Andreas Ernst als Erstbesitzer gekauft worden ist. Es wurde in den Jahren 1894-95 errichtet (in der Kellerdecke ist das eingeritzte 1894 noch heute vorhanden, allerdings nicht mehr von außen zu sehen, weil durch Platten abgedeckt). Diese Angaben werden durch das Straßenverzeichnis 1901/02 in vollem Umfang bestätigt. Das Haus ist damit seit über 100 Jahren in Familienbesitz.
Auf dem Bild links sehen wir Andreas Ernst mit seiner EhefrauMargarete Gretche geb. Hett zusammen mit Tochter Maria Anna im Hof ihres Anwesens Friedberger Straße 12. Der im Hintergrund zu sehende Nussbaum sollte noch drei weiteren Generationen Schatten spenden, bevor er schließlich wegen Altersschwäche gefällt werden musste. |
|
Auf dem rechten Bild sind zu sehen: von links: Peter Föller, Andreas Ernst, Margarethe Ernst geb. Hett, Lenchen Föller. Die Föllers waren bis 1940 Mieter im Haus Friedberger Str. 12, vor dem dieses Foto aufgenommen wurde. |
In der Fußgasse 16 hat dem Straßenverzeichnis zufolge ein Maurer mit Namen Adam Ernst gelebt. Weitergehende Informationen wie Erzählungen, alte Bilder, Erinnerungen über diesen Sachverhalt liegen mir zur Zeit nicht vor. Bleibt mir also nichts anderes übrig, als die vorhandenen Aufzeichnungen zu nutzen und analytisch vorzugehen. Für die letzte Jahrhundertwende kommen dem Namen nach folgende Personen als Eigentümer des Anwesens in Betracht:
Nummer 1 scheidet aus, er ist bereits als Eigentümer des Anwesens Döllesweg identifiziert. Bleiben noch Nummer 2 und 3; diese sind Vater und Sohn womit die Familie bereits idendifizert wäre: Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den Maurer Adam Ernst, der im Familienbuch unter der Nummer 843 geführt wird und der zeitlebens mit Margaretha geb. Borig verheiratet war. Er ist ein Enkel von Georg Friedrich Ernst und der jüngste Sohn des Johann Georg Ernst (des älteren). Fahren wir in der Zeitreise in die andere Richtung fort: Es handelt sich um den Urgroßvater des heute lebenden Josef Ernst (Inhaber des Kirdorfer Malergeschäfts gleichen Namens).
Bezüglich Döllesweg 16 kann ich auf mündliche Überlieferungen zurückgreifen. Es handelt es sich um das Anwesen von Adam Ernst, geb. am 11.11.1875, verheiratet mit Anna Maria Schickling. Seine Familinnummer ist die 842. Es handelt sich um den Bruder unseres Urgroßvaters Andreas Ernst. Auch hier ein Blick in die andere Zeitrichtung: Es ist kein anderer als der Großvater von Arthur Dötig.