Chronik
der Familie Ernst aus Kirdorf

Teil 3: Die übrigen Ernst-Familien

Recherchen auf dem Friedhof

An einem der langen vorweihnachtlichen Abenden anno 2000 saßen mein Vater und ich wieder einmal zusammen und brüteten über den Ergebnissen meiner Recherchen, die im wesentlichen auf Gottlieb Sees „Familienbuch Kirdorf“ basierten und durch Originalpassagen aus den Kirchenbüchern St. Johannes angereichert waren.

Dutzende Namen, Daten und Fakten waren bereits zusammengetragen. Doch genausowenig, wie es einem Schüler Spaß macht, Geschichte nur als reine Aufzählung historischer Fakten und Jahreszahlen zu rezitieren, so wenig macht es einem angehenden „Ahnenforscher“ Freude, Namen, Geburts-, Sterbe- und Hochzeitsdaten abzuschreiben und vielleicht noch auswendig zu lernen. Nein, da fehlt das Salz in der Suppe und das Salz, das besteht in diesem Fall aus Geschichten, Anektdoten, Zuordnung zu vielleicht noch vorhanden Bildern, Begebenheiten, Orten, Unnamen, Eigenarten - und natürlich im Bezug zu noch lebenden Nachkommen der verblichenen Ahnen.

Aber wo anfangen, wo weitermachen? Die bereits zitierten Quellen sind soweit ausgewertet, das „Gerippe“ steht, doch es fehlt noch das Fleisch. - Alles auf einmal anpacken, geht nicht. Dazu ist das vorhandene Material bereits zu umfangreich. 

Also beschlossen wir, zunächst einmal die „Äste“ weiterzuverfolgen und nach Möglichkeit mit Leben zu füllen, die direkt mit dem Namen „Ernst“ zu tun haben - also in althergebrachter chauvinistischer Manier die männlichen Linien, die Linien der „Stammhalter“ zu verfolgen - um einmal zu sehen, welche der zur Zeit noch auf der Erde wandelnden „Ernste“ auf die gleichen Vorfahren zurückzuführen sind - insbesondere in unserem angestammten Heimatdorf Kirdorf. Um die weiblichen Linien wollen wir uns später kümmern.

Es wäre doch geradezu unwahrscheinlich, daß der Name Ernst nur in unserer direkten Linie erhalten geblieben ist. Johann Georg Ernst (... das ist der, auf dem Titelbild dieser Chronik) hatte doch zwei Brüder, den jüngeren Bruder Adam und den älteren Bruder Peter, die beide in Kirdorf Familien gründeten; Peter brachte es auf insgesamt 10 (!) Kinder und bei Adam waren es immerhin 5.

Da die bereits zitieren Quellen über die jüngste Vergangenheit nichts hergaben und das persönliche Erinnerungsvermögen der bisher befragten Personen auch nichts mehr hergab, suchten wir nach einem Weg, die zeitliche Lücke zwischen 1900 und heute zu schließen. Und einer diese Wege führt direkt über den Kirdorfer Friedhof.

Gleich beim ersten Versuch wurde mein Vater fündig. Bereits beim nächsten Besuch wenige Tage später erstattete er mir Bericht: Das Elterngrab des Josef Ernst (Weißbindergeschäft in Kirdorf) zeigt anhand des Geburtsdatums, daß der Vater - Josef Ernst, geb. 21.9.1898 - ein direkter Nachkomme jenes Adam Ernst ist, der als Bruder von Johann Georg eben auch ein direkter Nachkomme „unseres“ Georg Friedrich Ernst ist.

Ein Umstand, der bereits seit mehreren Generationen aus dem Gedächtnis verschwunden ist. Verwandtschaftliche Beziehungen schien es nicht zu geben. Aber die Fakten sprechen für sich. Mal sehen, was bei der Suche noch so alles ans Tageslicht kommt.

Bei den übrigen Ernst-Gräbern sind wir uns noch nicht ganz sicher. Die Vermutungen gehen aber dahin, daß die noch vorhandenen Gräber von Wilhelm Ernst (1902 - 1954) mit seiner Frau Elisabeth geb. Diel, sowie Josef Ernst (31.8.1906 - 08.06.1064) und Otto Ernst (1909 - 1095) ebenfalls Nachkommen „unseres“ Georg Friedrich Ernst beherbergen. Die drei genannten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Brüder und Söhne des Maurers Peter Ernst; dessen Vater gleichen Namens wiederum war ein Sohn von Johann Georg Ernst (dem älteren) und damit auch ein direkter Nachkomme von Georg Friedrich Ernst.

Besuch der "Zentralstelle für Personen und Familienforschung"

Den ersten Versuch, mich dem Thema „Ernst-Forschung“ wissenschaftlich zu nähern, unternahm ich schließlich im Herbst 2001. Zusammen mit Stefan Ohmeis und anderen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Unser Kirdorf“ besuchte ich die „Zentralstelle für Personen- und Familienforschung“ in Frankfurt-Höchst. Dessen langjähriger Geschäftsführer Dr. Ludwig Becker erläuterte uns das Archiv und führte uns durch die Bestände, die im Keller des Bolongaropalastes ihr Schattendasein fristen.

Um es kurz zu machen: Einen konkreten Bezug zu unseren Vorfahren konnte ich dort leider nicht finden, allerdings habe ich wieder einiges hinzugelernt in Bezug auf systematische Arbeitsweise und Möglichkeiten, an Informationen heran zu kommen.

Warum ich diesen Artikel an dieser Stelle platziere hat aber einen ganz bestimmten Grund: In einem Gespräch mit Frau Hett, die für die Arbeitsgemeinschaft „Unser Kirdorf“ die Kirchenbücher auswertet, konnte ich erfahre, daß sie durch ihre Arbeiten in Punkto Ernst-Forschung schon ein Stück weiter ist als ich. Sie meint, alle in Kirdorf lebenden Ernst-Familien, insbesondere auch die Familie, die die Metzgerei am Kirchberg betrieb (Metzger Ernst), würden sich auf „unseren“ Georg Friedrich Ernst zurückführen lassen. Ich konnte diesen Beweis bisher noch nicht erbringen; im Gegenteil, alle persönliche Gespräche mit heute lebenden Vertretern der „Metzger-Ernst-Familie“ verliefen negativ. Wenn Frau Hett recht hat, dann weiß sie mehr als die betroffenen Personen selbst, bei denen das Wissen um die Herkunft offenbar abhanden gekommen ist. Aber das ist ja nichts neues, dieses Phänomen konnten wir ja schon häufiger beobachten. Ich hoffe, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, wenn ich einmal die Zeit habe, die Kirchenbücher aus dem letzten Jahrhundert, also von 1900 – 2000 selbst auszuwerten. Bisher war mir das leider aus Zeitgründen nicht möglich.

Vorläufiges Fazit

Nach den geschilderten Ermittlungen kann davon ausgegangen werden, daß die Kirdorfer „Weißbinder-Ernste“ ebenfalls auf den ersten Kirdorfer Ernst (= Georg Friedrich Ernst) zurückzuführen sind; den Familienstammbaum konnte ich aufgrund der auf dem Friedhof gefundenen Informationen entsprechend ergänzen. Bei den „Metzger-Ernsten“ habe ich bisher nur die Aussage von Frau Hett, die ich allerdings für sehr zuverlässig einstufe.

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